Kategorie Gesundheit

Wollen die mich verAPPeln?

Menschen mit ADHS haben Schwierigkeiten, ihre Aufmerksamkeit über längere Zeiträume aufrechtzuerhalten. Sie sind leicht ablenkbar und haben oft Probleme, sich längere Zeit auf eine bestimmte Aufgabe zu konzentrieren. Sie können auch impulsiv handeln – ohne über die Konsequenzen nachzudenken. Außerdem haben sie Schwierigkeiten, ihre Impulse zu kontrollieren. Die Behandlung von ADHS kann medikamentös oder Verhaltenstherapeutisch erfolgen. Digitale Lösungen zur Strukturierung des Alltags werden momentan erforscht. Möglicherweise können sie dabei helfen, Menschen mit ADHS zu unterstützen.

Gelangweilter junger Mann sitzt am Schreibtisch und starrt mit einem Füllfederhalter vor seinem Mund auf sein Handy, vor ihm steht noch ein aufgeklappter Laptop.
Es gibt einige Apps in den App-Stores, die entweder kostenlos sind oder als Digitale Gesundheitsanwendungen (DIGA) anerkannt wurden. © iStock.com / SeventyFour

ADHS bei Erwachsenen

„Eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) beginnt im Kindes- und Jugendalter und kann auch im Erwachsenenalter weiterbestehen. Hinter ADHS verbirgt sich eine der häufigsten psychischen Auffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen.“ – So das Bundesgesundheitsministerium. Viele Geschwister, Mütter oder Väter von ADHS betroffenen Kindern leiden ebenfalls unter krankhaften Störungen der Aufmerksamkeit und an motorischer Unruhe. Man geht davon aus, dass im Erwachsenenalter etwa 2,5 bis 5 der Erkrankten sind. Auch Francisco M. hat vor kurzem eine ADHS-Diagnose bekommen. Er ruft völlig aufgelöst und sehr verunsichert die VdK-Patientenberatung in Stuttgart an. Eine Neurologin hat ihm nämlich vorgeschlagen, sich im Alltag mit einer App zu helfen.

„Wie kann das sein? So eine schlimme Diagnose, so viele Probleme in meinem beruflichen und familiären Alltag – und dann soll eine App das richten?“, ärgert sich Herr M. im Gespräch mit VdK-Patientenberaterin Greta Schuler.

Sie erklärt ihm, dass Apps beim Umgang mit den Problemen behilflich sein können, die durch die Erkrankung beispielsweise im Beruf entstehen können. Außerdem könnten sie auch eine wertvolle Ergänzung zu anderen Behandlungsansätzen wie Medikamenten oder kognitiver Verhaltenstherapie sein.

Digitale Lösungen bei ADHS

Apps können Erwachsenen mit ADHS auf verschiedene Weise unterstützen. Beispielsweise, indem sie Werkzeuge und Strategien bereitstellen. Greta Schuler zählt einige Möglichkeiten auf, wie Apps hilfreich und im Alltag benutzt werden können. Diese bieten Funktionen zur besseren Planung und Organisation, die es Nutzern erleichtern, ihre Zeit effektiv zu verwalten. Erinnerungen und Timer können dabei helfen, Aufgaben rechtzeitig zu erledigen, Deadlines bei der Arbeit einzuhalten und Medikamente zur rechten Zeit einzunehmen. To-Do-Listen und Aufgabenmanager können dabei unterstützen, den Überblick über anstehende Aufgaben zu behalten und tägliche oder wöchentliche Prioritäten zu setzen. Einige Apps bieten außerdem Techniken zur Verbesserung der Konzentration an, wie zum Beispiel geführte Meditationen. Diese können dabei helfen, Ablenkungen zu minimieren.

Apps zur Verhaltensverfolgung ermöglichen es Nutzern, ihre Fortschritte zu dokumentieren und Muster in ihrem Verhalten zu erkennen. Dies kann zu einem besseren Selbstverständnis führen.

Viele Apps bieten zudem Atemtechniken sowie Entspannungs- oder Achtsamkeitsübungen. Diese können dabei helfen, Stress abzubauen und die emotionale Regulation zu verbessern. Ferner kann ein Austausch über Selbsthilfe stattfinden: Einige Apps bieten Foren oder Gruppen an, in denen sich Menschen mit ADHS austauschen und unterstützen können. 

Welche Apps gibt es?

„Und was kostet das dann?“, fragt Herr M. etwas beunruhigt. Familiär ist er gerade sehr eingespannt – er musste aufgrund eines Pflegefalles in der Familie seine Arbeitszeit reduzieren. Geldsorgen und psychischer Druck kommen erschwerend hinzu. Dazu Greta Schuler: „Mehrere Apps sind in der Basisversion kostenfrei oder sind als Digitale Gesundheitsanwendung (kurz DiGA) anerkannt. Dann können sie vom Arzt verordnet werden.“

In der Basisversion kostenlose Apps stellen zum Beispiel To-Do-Listen bereit, die bei der Organisation von Aufgaben hilfreich sein können. Eine andere App hilft, den Fokus auf Wichtiges und Aktuelles zu behalten. Dafür belohnt sie Nutzer, wenn diese Zeit ohne Ablenkung verbringen.

Als DiGAkurz fürdigitale Gesundheitsanwendungen gibt es unter anderem die AppsExterner Link: MindDoc oder Externer Link:HelloBetter. Beide können ärztlich verordnet werden und sind für Unterstützung bei psychischen Erkrankungen geeignet. ADHS-Betroffene können mit ihren Begleiterkrankungen wie Depressionen, Angst und Panikattacken profitieren. 

Für Francisco M. heißt es nun: Recherchieren und ausprobieren! Er ist bereit, diese Möglichkeit der Unterstützung einmal auszuprobieren. Wenn es ihm nicht weiterhilft, wird er seine Neurologin und seine Hausärztin nochmals darauf ansprechen.

Zum Ende des Gespräches weist ihn die VdK-Patientenberaterin noch darauf hin, dass es bei der Recherche in App-Stores sinnvoll sei, aktuelle Infos zu Preisen und Verfügbarkeit zu prüfen. Denn diese können sich schnell ändern. 

DiGAkurz fürdigitale Gesundheitsanwendungen können über die Homepages der Gesetzlichen Krankenkassen gesucht werden oder über Externer Link:das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Außerdem sollten Nutzer vor Gebrauch sicherstellen, dass die Apps ihren individuellen Bedürfnissen zur Anwendung und Datensicherheit entsprechen.

Kostenlose Apps

  • Todoist: Eine beliebte To-Do-Listen-App, die in der Basisversion kostenlos ist und bei der Organisation von Aufgaben hilft.
  • Trello: Eine visuelle Projektmanagement-App, die sich gut für die Aufgabenverwaltung eignet.
  • Forest: Eine App, die hilft, den Fokus zu behalten, indem sie Nutzer belohnt, wenn sie ihre Zeit ohne Ablenkungen verbringen (kostenlose Grundversion).

Digitale Gesundheitsanwendung (DiGa)

  • MindDoc: Unterstützt bei psychischen Erkrankungen, einschließlich ADHS.
  • HelloBetter: Bietet verschiedene Programme zur Unterstützung bei psychischen Herausforderungen.
  • ORIKO: Eine Therapiemodul-App, die bei der Strukturierung des Alltags und der Verbesserung der Symptome helfen soll. Diese App ist voraussichtlich im Sommer 2025 auf Rezept verordnungsfähig und wird von den meisten Krankenkassen übernommen werden.

VdK-Hinweis

In den App-Stores stehen viele Apps zur Verfügung. Um die passende zu finden, ist es ratsam, mit einer Ärztin oder Therapeuten zu sprechen, die auf ADHS spezialisiert sind. Sie können die Situation beurteilen und DiGAkurz fürdigitale Gesundheitsanwendungen empfehlen sowie weitere Hilfen geben.