Erfolgreicher Vergleich für EM-Rentner in Not
Lange Bearbeitungszeiten sind bei der Deutschen Rentenversicherung keine Seltenheit. Bis eine Rente wegen Erwerbsminderung rückwirkend bewilligt wird, kann ein halbes Jahr vergehen. Auch Herr Ü. aus Freiburg im Breisgau wartete über sechs Monate auf seinen Bescheid. In dieser Zeit erhielt er Sozialhilfe. Als seine Rentennachzahlung in Höhe von 5.000
Euro endlich kommt, begleicht er damit eine Zahnbehandlung und hohe Tierarztrechnungen. Dann meldet sich die DRVkurz fürDeutsche Rentenversicherung bei ihm und fordert die Summe zurück: Da das Sozialamt inzwischen seinen Erstattungsanspruch gegenüber der Rentenversicherung geltend gemacht hat, stand Herr Ü. die Nachzahlung rechtlich nicht zu. Anfang Juni fand das Klageverfahren vor dem Sozialgericht in Freiburg statt.
Herr Ü. war schon lange gesundheitlich beeinträchtigt. Da er dem Arbeitsmarkt dauerhaft nicht mehr zur Verfügung stand, forderte ihn die Agentur für Arbeit dazu auf, einen Antrag auf Erwerbsminderung bei der Rentenversicherung zu stellen. Bis zur Entscheidung über den Rentenantrag Anfang 2022 erhielt Herr Ü. dann Sozialhilfe vom örtlichen Sozialamt. Nach etwas mehr als einem halben Jahr wurde ihm eine Rente wegen Erwerbsminderung in Höhe von knapp 700 Euro netto monatlich gewährt – inklusive einer Rentennachzahlung für die Zeit ab Antragstellung in Höhe von rund 5.000 Euro.
Bezug von Sozial- oder Lohnersatzleistungen
In der Regel werden solche Nachzahlungen erst ausbezahlt, wenn eventuelle Erstattungsansprüche gegenüber Dritten – also
zum Beispiel der Arbeitsagentur und der Krankenkasse – geprüft wurden. So stand es auch im Bescheid von Herrn Ü. „Allerdings waren die 5.000 Euro Rentennachzahlung bereits auf seinem Konto eingegangen, bevor er diesen Bescheid überhaupt in den Händen hielt“, erklärt seine VdK-Sozialrechtsberaterin Dorothee Willmann aus der VdK-Beratungsstelle in Freiburg.
Nachzahlungen von Leistungsträgern besser überprüfen
Schon zwei Tage später erhielt Herr Ü. die nächste schriftliche Mitteilung der Rentenversicherung: Da bisher keine Dritten einen Erstattungsanspruch geltend gemacht hätten, würde die einbehaltene Nachzahlung jetzt ausgezahlt. Um Doppelzahlungen zu vermeiden, soll der Rentner den Bescheid allen Stellen vorlegen, von denen er im gleichen Zeitraum Gelder erhalten hat. Herr Ü. informierte daher ordnungsgemäß das Sozialamt über die Rentennachzahlung.
Heute ist Herr Ü. 57 Jahre alt. In der Zeit bis zum Rentenbescheid musste er sich einer kostspieligen Zahnbehandlung unterziehen, die nicht ganz von der Krankenkasse übernommen wurde. Seine beiden kleinen Hunde, für ihn eine Art Therapiehunde, spendeten ihm in dieser Zeit Trost. Doch er hatte noch hohe Tierarztrechnungen für sie zu begleichen. Das Geld hierfür hatte er sich von Freunden geliehen. Herr Ü. hob also den Nachzahlungsbetrag ab und tilgte damit seine Schulden.
Da Herr Ü. das Geld nun ausgegeben hatte und für die Zeit vor der Rentengewährung sowohl Sozialhilfe als auch eine Rentennachzahlung erhalten hatte, machte das Sozialamt seinen Erstattungsanspruch gegenüber der Rentenversicherung geltend. Diese überwies dem Sozialamt den Betrag und forderte mit einem Bescheid sowie später einem Widerspruchsbescheid die 5.000 Euro von Herrn Ü. zurück.
Sozialverband VdK führte das Klageverfahren
Herr Ü. wendete sich an die VdK-Beratungsstelle in Freiburg. Dort weiß man aus Erfahrung: „Leider kommen derartige Verfahren durchaus häufig vor – und sie gehen meist auch nicht so glimpflich aus wie dieses“, warnt Frau Willmann. Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht führte die zuständige VdK-Sozialrechtsberaterin aus, dass der Fehler eindeutig bei der Rentenversicherung lag. Zudem hatte der Kläger nicht grob fahrlässig gehandelt: Herr Ü. konnte nur schwer erkennen, dass ihm die Nachzahlung nicht zustand. Auch sein Gesundheitszustand und seine Fähigkeit, mit behördlichem Schriftverkehr umzugehen, spielten für die Entscheidung eine Rolle. Neben einer Abwägung der gegenseitigen Rechte und Pflichten wurde in der mündlichen Verhandlung außerdem ersichtlich, dass der Kläger – aufgrund seiner niedrigen Rente und seines weiteren ergänzenden Bezugs von Sozialhilfe – ohnehin nicht in der Lage sein würde, den Betrag zurückzubezahlen.
Auf Vorschlag des Gerichtes wurde daraufhin mit der Beklagten ein Vergleich geschlossen: Herr Ü. muss nun 500 Euro in kleinen Raten zu monatlich je 20 Euro zurückzahlen. Herr Ü. ist über dieses Ergebnis natürlich überglücklich.
VdK-Hinweis
Grundsätzlich geht die Rechtsprechung davon aus, dass Betroffene erkennen können, dass sie für den Zeitraum der Rentennachzahlung nicht doppelt Leistungen wie Krankengeld, Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe beziehen dürfen. Eine Rentennachzahlung steht ihnen daher in solchen Fällen nicht zu und muss zurückgezahlt werden. Bei Unsicherheit empfiehlt es sich somit dringend, rechtlichen Rat einzuholen, bevor Nachzahlungsbeträge ausgegeben werden – zum Beispiel bei Ihrer
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