KFZ-Stellplatz für Rollstuhlfahrerin
Kerstin H. beantragte bei der Stadtverwaltung einen persönlichen Behindertenparkplatz. Das VdK-Mitglied ist seit 7 Jahren querschnittgelähmt. Mit dem Merkzeichen „aG“ ist es in besonders schweren Fällen ist es sogar möglich, einen individuellen Behindertenparkplatz bei der Straßenverkehrsbehörde zu beantragen. Ein Anspruch besteht jedoch nicht – es handelt sich um eine sogenannte Ermessensleistung. Der Sozialverband VdK in Korntal-Münchingen hat sich für Kerstin H. eingesetzt – und gewonnen!
Jeder Autofahrer wünscht sich einen Parkplatz beim Haus. Für Kerstin H. hat ein solcher Autostellplatz jedoch eine ganz besondere Bedeutung. Denn das VdK-Mitglied vom Ortsverband Korntal-Münchingen ist seit 17 Jahren querschnittgelähmt. Für sie bedeutet Autofahren ein großes Plus an Mobilität, Teilhabe, Selbstständigkeit und auch an Selbstbestimmung. Ob zur Arbeit, zum Arzt, zum Einkaufen oder zu Freizeitaktivitäten – Kerstin H. braucht ein behindertengerechtes Fahrzeug. Aber sie braucht auch einen Parkplatz in unmittelbarer Nähe zur Wohnung, der jederzeit verfügbar und zugleich problemlos mit dem Rolli zu erreichen ist.
VdK Korntal-Münchingen unterstützte gelähmte Frau
Seit April 2020 kann Kerstin H. ihren rollstuhlgerechten Kleinbus jetzt auf einem eigens für sie ausgewiesenen Stellplatz gegenüber ihrer Wohnung abstellen. Vorausgegangen ist eine monatelange Auseinandersetzung mit den Behörden. Der schwerbehinderten Frau wurde einiges abverlangt!
Die sogenannten Nachteilsausgleiche für Menschen mit Behinderung sind teils rechtlich garantiert, teils Ermessens- und teils reine Freiwilligkeitsleistungen. Daher muss um sie oft gestritten werden.
Das weiß auch Dr. Otto Koblinger, der Vorsitzende des Kreisverbands Leonberg und VdK-Ortschef von Korntal-Münchingen. Er unterstützte mit seinem Ortsverband Kerstin H. beim Streit mit Straßenverkehrsbehörde und Regierungspräsidium tatkräftig. Mit diesem VdK-Einsatz trug er dazu bei, dass es mit dem persönlichen Behindertenparkplatz plötzlich doch noch ganz schnell ging.
Gesetzliche Parkerleichterungen
Paragraf 46 Straßenverkehrsordnung (StVO) regelt die sogenannten Parkerleichterungen für Menschen mit schweren Behinderungen. Dazu gehören Personen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung mit Merkzeichen „aG“ im Schwerbehindertenausweis, wie das querschnittgelähmte Mitglied, Blinde, aber auch Menschen mit beidseitiger Amelie oder Phokomelie (darunter versteht man das angeborene Fehlen von Gliedmaßen beziehungsweise die Fehlbildung der Extremitäten, bei der z. B. die Hände am Rumpf ansetzen) oder mit vergleichbaren Funktionseinschränkungen.
Diese Menschen können den blauen Parkausweis erhalten, der zum Benutzen der sogenannten Behindertenparkplätze berechtigt, die mit dem Rollstuhlsymbol gekennzeichnet werden. Aber: In besonderen Fällen können sie zudem einen individuellen Behindertenparkplatz bei der Straßenverkehrsbehörde beantragen.
Hierfür muss…
- ein genereller Parkplatzmangel in der Gegend bestehen,
- in zumutbarer Nähe zur Wohnung muss kein Abstellplatz verfügbar sein,
- es darf kein Halteverbot bestehen
- und ein zeitlich begrenztes Parksonderrecht darf nicht ausreichen.
Die Krux hier: Auf diesen persönlichen und speziell für die berechtigte Person markierten Behindertenparkplatz gibt es keinen Rechtsanspruch, da es sich um eine „Kann“-Bestimmung handelt. Es ist also eine reine Ermessensleistung.
Zunehmend schlechtere Parksituation
Für Kerstin H., die schon einige Jahre in ihrem Wohngebiet lebt, hatte sich die Parksituation in letzter Zeit stark verschlechtert. Zum einen gibt es in der Straße zwischenzeitlich mehr Autofahrer, die parken wollen, zum anderen ist es für die 46-Jährige aufgrund von Schulterproblemen zunehmend beschwerlicher, weiter entfernt liegende Stellplätze mit ihrem Rollstuhl anzusteuern, zumal ihre Straße auch etwas abschüssig ist. Des Weiteren erschwerte eine Umstellung bei den Leerungstagen der Müllabfuhr Kerstin H. den Weg zum Parkplatz oder auch das eigentliche Parken, wenn die Tonnen noch kreuz und quer auf der Straße herumstanden. Und behinderungsbedingt ist die Rollstuhlfahrerin zwischenzeitlich auf ein größeres Auto angewiesen. Dieses ist auch deutlich länger und sieht den Einstieg per Plattform-Hebelift auf der Beifahrerseite und entgegen der Fahrtrichtung vor.
Doch den von Kerstin H. beantragten persönlichen Behindertenparkplatz lehnte die Stadtverwaltung ab. Der sei in einem verkehrsberuhigten Bereich nicht möglich. Die Stadtverwaltung argumentierte mit Vorschriften zur Mindeststraßenbreite von 6,60 Metern, damit ein Rollstuhlfahrer gut in sein Auto gelangen könne. Für Kerstin H. sind die 5,80 Meter, die ihre Straße misst, jedoch kein Problem – was sie auch gegenüber der Stadtverwaltung vorbrachte.
Es folgten ein Widerspruch beim Regierungspräsidium und mehrere Schriftwechsel. Sogar die Polizei wurde zu einer Einschätzung befragt. Denn eine genaue Maßgabe, was eine „schmale“ Straße ist und wann Ausnahmen zulässig sind, gibt es scheinbar nicht.
Nachdem sich dann der VdK-Orts- und Kreisvorsitzende Dr. Otto Koblinger eingeschaltet hatte, kam schnell Bewegung in die festgefahrene Situation.: Bei einem Ortstermin mit der Leiterin des Ordnungsamts, einem Vertreter des Regierungspräsidiums, mit Dr. Koblinger und mit Kerstin H., die demonstrierte, wie sie in ihr Fahrzeug gelangt, und der gemeinsamen Erörterung von Parkmöglichkeiten, wurde den Beteiligten klar, dass es eine Lösung gibt. Kerstin H. nahm daraufhin ihren Widerspruch zurück, damit die Stadt wieder „Herrin des Verfahrens“ wurde. Schon kurz danach war das für individuelle Behindertenparkplätze benötigte Verkehrsschild mit eingetragener Parkausweisnummer fertig und die Bodenmarkierung angebracht.
„Ich bin glücklich“, kommentierte das VdK-Mitglied den positiven Ausgang dieser monatelangen Auseinandersetzung. Zugleich hofft die Querschnittgelähmte, dass andere Autofahrer ihren Parkplatz respektieren und nicht gedankenlos zuparken. Aber dies ist eine andere Geschichte, die den Sozialverband VdK ebenfalls hin und wieder zum Einsatz zwingt.