Solidarität ist unverhandelbar!
180 Delegierte stimmten auf dem Landesverbandstag geschlossen für eine Bürgerversicherung und fordern mehr soziale Gerechtigkeit im Land. Und so stand Solidarität im Mittelpunkt der sozialpolitischen Rede des Landesvorsitzenden Hans-Josef Hotz. Im Interview erklärt er, warum soziale Gerechtigkeit nur in Solidarität gelingt und wie der Sozialverband VdK dem Populismus weiter klar und deutlich die Stirn bieten wird.
Hans-Josef Hotz im Interview
Mehr Solidarität im Land fordern 180 Delegierte geschlossen. Das ist eine Ansage, oder?
Ja und zwar genau die richtige zur richtigen Zeit. Der öffentliche Diskurs zum Sozialstaat hat sich doch in den letzten Jahren dramatisch gewandelt. Harte Einschnitte bei den Sozialleistungen werden uns als einziger Weg aus der Haushaltskrise präsentiert! Das ist brandgefährlich für unsere Demokratie. Und die entscheidenden Fakten liegen nicht mal auf dem Tisch! Sie werden schön unter den Teppich gekehrt.
Und welche sind das?
Fakt ist: Die Besserverdienenden in unserem Land, die Menschen mit den finanziell breitesten Schultern, werden in vielen Fällen nicht an wichtigen gesamtgesellschaftlichen Aufgaben beteiligt. Bevor den finanziell Schwachen in unserer Gesellschaft Sozialleistungen gekürzt werden, sollten wir doch schauen, wie die Lasten in unserem Land tatsächlich verteilt sind!
Werden die Lasten denn nicht solidarisch geschultert?
Nein. Schauen Sie sich nur die versicherungsfremden Leistungen an. In unserem Land haben wir ja drei große Sozialversicherungszweige: Rentenversicherung, Pflegeversicherung und Krankenversicherung. In diese drei zahlen alle gesetzlich versicherten Menschen in Deutschland ein.
Nur – was viele nicht wissen: Aus diesen Töpfen der drei großen Sozialversicherungen werden einfach auch gesamtgesellschaftliche Aufgaben bezahlt, das sind die sogenannten versicherungsfremden Leistungen.
Wir werden dem Populismus die Stirn bieten und unseren Sozialstaat mit Fakten verteidigen!“
Haben Sie ein Beispiel?
Natürlich, es gibt etliche. Mit etwa neun Milliarden jährlich finanzieren beispielsweise allein die gesetzlich versicherten Beitragszahler die Krankenversicherungsbeiträge von arbeitslosen Menschen. Je nach Schätzung werden aus der gesetzlichen Krankenversicherung insgesamt bis zu 57 Milliarden Euro – im Jahr – zweckentfremdet. Bei Rente und Pflege sieht es nicht anders aus. Die Rentenpunkte für Mütter zahlen nur die gesetzlich Versicherten, die Masken für die Pflegeheime in der Pandemie haben die gesetzlich Versicherten fast allein finanziert. Kein Wunder also, wenn die Beiträge der gesetzlich Versicherten hinten und vorn nicht mehr reichen und die Versicherungsbeiträge jetzt auf Rekordhöhe angehoben werden sollen. Diese Fakten spielen bei all den Diskussionen um unseren Sozialstaat eine völlig untergeordnete Rolle. Und das ist gefährlich.
Warum ist das gefährlich?
Weil diese Diskussionen unsere Gesellschaft spalten. Solidarität sieht aus meiner Sicht anders aus. Das Solidarprinzip besagt: Breite Schultern tragen mehr als schmale Schultern. Es ist höchste Zeit die Bürgerversicherung einzuführen, in die alle Erwerbstätigen verpflichtend einzahlen, damit auch alle gemeinsam die gesamtgesellschaftlichen Aufgaben schultern.
Im Übrigen: Wir können es uns als Staat auch nicht leisten, gerade jetzt die Besserverdienenden immer noch außen vor zu lassen.
Sie sagen, diese Diskussionen spalten die Gesellschaft?
Ja. Das Erstaunliche am Spar-Diskurs ist ja, dass auch progressive Kräfte in der Politik und der Öffentlichkeit auf den Zug des Populismus aufspringen. Indem sie beispielsweise erklären: Wir müssen die Beiträge für die gesetzlich Versicherten in der Pflegeversicherung natürlich erhöhen, sie ist ja fast pleite! Und eben nicht darüber reden, dass der Bund seit Jahren Geld aus der Kasse der Pflegeversicherung für gesamtgesellschaftliche Aufgaben entnimmt.
Also Fakten statt Polemik?
Ganz genau. Wir werden unseren Sozialstaat verteidigen, in dem wir die Menschen über die tatsächlichen Verhältnisse und Fakten informieren und ihnen dann aufzeigen, welche sozial gerechten Lösungen möglich sind. Soziale Gerechtigkeit gelingt einzig und allein in Solidarität. Solidarität ist unverhandelbar! Wir werden dem Populismus weiter die Stirn bieten. Gerade jetzt mit Trump und den geplanten Neuwahlen hier im Land. Unsere Demokratie braucht unabdingbar den Sozialstaat, den inneren Frieden. Und Demokratie braucht Solidarität – auch und gerade in schwierigen Zeiten.