Kategorie Pflege Gesundheit

Mit Demenz ins Krankenhaus

Aufgrund der demografischen Entwicklung werden in den Krankenhäusern zahlreiche ältere Patienten aufgenommen. Bei diesen Menschen können sich nach operativen Eingriffen deutliche kognitive Einschränkungen zeigen. Es gibt aber auch vermehrt Ältere, die schon bei der Aufnahme im Klinikum die Diagnose Demenz haben. Viele Krankenhäuser in Deutschland sind nicht auf die besonderen Bedürfnisse dieser Patientinnen und Patienten eingestellt. Eine gute Vorbereitung auf den Klinikaufenthalt mit Informationsbögen und Checklisten kann helfen und dem Klinikpersonal wichtige Informationen im Umgang mit den Erkrankten geben.

Frau mittleren Alters in Gedanken versunken auf ihrem Sofa zu Hause
© iStock.com/fizkes

„Meine 86-jährige Mutter ist in ihrer Wohnung gestürzt und hat sich einen komplizierten Beinbruch zugezogen“, erzählt Mathilda H. in der VdK-Patientenberatungsstelle in Stuttgart. Notfallmäßig ist die Mutter ins regionale Krankenhaus gekommen. Zahlreiche Untersuchungen und eine Operation stehen an. Mathilda H. ist besorgt um ihre Mutter, denn sie weiß, dass in unbekannten Situationen und bei unvertrauten Anforderungen große Orientierungsprobleme bei der getagten Frau auftreten. 

Probleme mit Demenz im Krankenhaus

„Ein Krankenhausaufenthalt ist eine besondere Situation, die für alle in der Regel mit Angst, Verunsicherung und Sorge verbunden ist. Für kognitiv Eingeschränkte oder demente Menschen ist es aufgrund deren Erkrankung kaum möglich, sich in der fremden Umgebung eines Krankenhauses zurecht zu finden und sich dort an die Regeln zu halten“, informiert VdK-Patientenberaterin Greta Schuler. Oft wüssten die Erkrankten gar nicht, wie sie ins Krankenhaus gekommen sind, betont Schuler und ergänzt: „Sie können sich nicht mehr an den Sturz erinnern und wissen auch nicht, und was bei ihnen eigentlich behandelt werden soll.“ Daher dauerten Krankenhausaufenthalte oft länger als bei Patienten ohne Demenz, da die Erkrankten an ihrer Behandlung nicht mitwirken können“, weiß die Beraterin und bespricht mit Mathilda H, wie sie als Angehörige ihre Mutter und das Klinikpersonal unterstützen kann. 

Informationsbogen kann helfen

Die Tochter könnte das Krankenhaus mit gezielten Informationen oder mit einem konkreten Hilfsangebot unterstützen. So hat die Deutsche Alzheimer Gesellschaft einen Informationsbogen erstellt, den Angehörige ausfüllen und auf der Station abgeben können. In diesen Bogen kann Frau H. alle wichtigen Informationen zu ihrer Mutter eintragen: Das geht von Namen und Adresse der Patienten bis hin zu den Ansprechpartnern – wie Angehörigen oder den rechtlichen Betreuern. Auch Hinweise auf Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht sind hier angebracht. 

Mathilda H. kann zudem eintragen, wann sie von der Station kontaktiert werden möchte – beispielsweise wenn die Mutter zunehmend unruhiger wird, wenn sie gar nicht kooperiert, oder wenn Pflege- oder Schutzmaßnahmen eingeleitet werden müssen. Denkbar sind auch Probleme mit der Nahrungsaufnahme oder mit der Medikamenteneinnahme, die eine Kontaktaufnahme mit der Tochter erforderlich machen können. „Und es wird eingetragen, was wichtig für die Kranke ist: Das kann die Muttersprache, Dialekt, Religion oder anderes Bedeutsames sein“, so Greta Schuler. Die VdK-Patientenberaterin weist darauf hin, dass zugleich alle Einschränkungen eingetragen werden können, wie Sehen, Hören und Sprachvermögen. Zudem kann man Gewohnheiten benennen, die eine Versorgung erleichtern. 

Persönliche Rituale pflegen

Mathilda H. schildert, dass ihre Mutter morgens immer erst eine Tasse Tee trinkt und dann ein Brötchen mit Marmelade iss, aber nie umgekehrt. Solche persönlichen Rituale können angegeben werden, aber auch der Umgang mit Nähe oder Distanz, zudem Angewohnheiten betreffend das Ruhen oder Schlafen, die Körperpflege inklusive der Lieblingskleidungsstücke. Ferner weist Schuler die Ratsuchende darauf hin, dass in einen solchen Informationsbogen auch Wünsche und Vorlieben, ebenso Ängste und Abneigungen eingetragen werden können – und Weglauftendenzen, sofern vorhanden. Des Weiteren ist eine ganze Rubrik dem Essen und dem Trinken gewidmet. 

„Zuhause mit eigenem Geschirr und eigenen Wasserkocher ist das Zubereiten und Essen ganz einfach, im Klinikum werden das abgedeckte Tablett oder die abgepackten und fremd erscheinenden Lebensmittel oft nicht wahrgenommen“, veranschaulicht Greta Schuler die Problematik. So könnte es der Mutter helfen, wenn – wie von Mathilda H. angeboten – die Tochter am frühen Abend im Wechsel mit dem Enkel in der Klinik vorbeikommen würde, um der Mutter beziehungsweise Großmutter beim Abendessen zu helfen und sie anschließend bettfertig zu machen. „Die Berührung durch vertraute Personen, der Geruch der eigenen Seife und der Lieblingscreme kann etwas sehr Beruhigendes haben“, betont die Beraterin und ergänzt: „Auch ein Bild der Familie kann in Sichtnähe aufgestellt werden, so dass die Mutter von Mathilda H. beim Aufwachen etwas Vertrautes sehen kann.“ 

Demenzbeauftragte in Kliniken

Greta Schuler recherchiert sodann für Mathilda H.: Das Krankenhaus, in dem deren Mutter untergebracht ist, hat eine Demenzbeauftragte und verfügt über ehrenamtliche Helferinnen und Helfer. Die könnten angefragt werden, um die Mutter bei Untersuchungen und zu Arztgesprächen zu begleiten. „Somit kann jemand bei der Mutter sein, um Wartezeiten zu überbrücken und Unsicherheiten zu nehmen, bei Angst die Hand zu halten und Fragen zu beantworten“, schildert Schuler die Bedeutung dieser Maßnahme. Auch sollte sich Mathilda H. baldmöglichst mit dem Kliniksozialdienst in Verbindung zu setzen, um abzuklären, was an Hilfsmitteln benötigt wird, damit die Mutter wieder nach Hause zurück kann, gibt die VdK-Patientenberaterin einen weiteren Tipp. 

Und Greta Schuler wirft die Frage auf: „Oder kann die Mutter vielleicht in eine geeignete geriatrische Reha gehen?“ Jedenfalls rät Schuler allen Angehörigen von demenzerkrankten Menschen, sich einen Informationsbogen zu besorgen und diesen in aller Ruhe – und wenn möglich, zusammen mit den Betroffenen und bevor ein Notfall eintritt – auszufüllen und zusammen mit Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und aktuellem Medikationsplan griffbereit aufzubewahren. Zu jedem Arzt- oder Krankenhausbesuch könnte dieser Infobogen dann mitgenommen werden. Ebenso gibt Greta Schuler den Rat, sich nach einem „demenzsensiblen“ Krankenhaus in der Region zu erkundigen. Denn falls der Klinikaufenthalt kein Notfall ist, könnte dieses Krankenhaus zur anstehenden Behandlung aufgesucht werden. „Diese Kliniken haben ihre Mitarbeitenden über den sensiblen Umgang und die besondere Kommunikation mit an Demenz erkrankten Menschen und die interdisziplinäre Zusammenarbeit geschult“, so Schuler abschließend. 

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