Leben mit Harninkontinenz
Frau L. hat mit einem nicht seltenen Problem zu tun: Seit Monaten leidet sie an einer zunehmenden Harninkontinenz. Seither geht sie nicht mehr zum Sport. Soziale Kontakte hat sie so gut wie keine mehr. „Ich sehe nicht mal mehr meine Enkelkinder, da ich immer die Angst habe, dass ich beim Spielen mit ihnen den Urin nicht halten kann. Vor allem, dass ich nach Urin riechen könnte, macht mir Sorgen.“
Das Thema, über das man nicht spricht
Mit diesen Befürchtungen kommt Frau L. zur die VdK-Patientenberatung in Stuttgart. VdK-Patientenberaterin Monika Müller möchte zunächst von ihr wissen, ob sie denn dieses Problem schon mal mit einem Arzt besprochen hat. Nein, natürlich nicht, das ist mir so furchtbar peinlich und bei Frauen die Kinder bekommen haben ist das doch normal oder?“, antwortet Frau L.
Stress- oder Belastungsinkontinenz
„Harninkontinenz ist die unzureichende oder fehlende Fähigkeit, den Urin in der Harnblase zu halten. Das kann sowohl Frauen als auch Männer betreffen. Dabei kommt es immer wieder zu plötzlichen, nicht kontrollierbaren Urinverlusten. Dies können kleinere Urinmengen sein oder die Harnblase kann sich auch vollständig entleeren. Je nach Schweregrad beeinträchtigt Harninkontinenz das familiäre Zusammenleben oder auch das Freizeit- und Berufsleben, so wie Sie das auch eben beschrieben haben“, erklärt Müller und führt weiter aus: „Dabei gibt es unterschiedliche Formen der Inkontinenz. Wenn etwa beim Husten oder Niesen Urin ungewollt abgeht, spricht man von Stress- oder Belastungsinkontinenz. Ursache hierfür ist meist ein schwacher Harnblasenverschluss, wie er etwa bei Frauen mit geschwächter Beckenbodenmuskulatur vorkommt.“ Müller vermutet, dass Frau L. genau das meinte.
Frau L. antwortet: „Ja, das ist bei mir vermutlich auch der Fall! Denn wissen Sie, ich habe vier Kinder bekommen und damals gab es so etwas wie einen Geburtsvorbereitungskurs nicht. Auch eine Gymnastik nach der Geburt gab es noch nicht.“
Diagnose beim Hausarzt
„Es ist durchaus möglich, dass Sie an einer Stress- oder Belastungsinkontinenz leiden“, nimmt Müller an, rät Frau L, jedoch, dies zunächst ärztlich abklären zu lassen. Denn es gibt auch andere Formen und Ursachen für eine Harninkontinenz: „Welche Form Sie haben, sollte untersucht werden, um dann auch eine für Sie geeignete Therapie zu finden. Denn wie ich aus Ihren Erzählungen herausgehört habe, wäre es Ihr Wunsch, wieder mit ihren Enkeln spielen zu können – oder mit Freunden gemeinsam etwas zu unternehmen, oder?“, fragt Müller.
„Das wäre mein größter Wunsch!“, erwidert Frau L. „Auch, dass ich wieder ein bisschen Sport machen könnte.“ Hierfür möchte Frau L. jedoch wissen, wie so eine Therapie genau aussieht. Müller antwortet: „Das hängt davon ab, welche Art von Inkontinenz festgestellt wird. In der Leitlinie -Harninkontinenz der Frau werden unterschiedliche Therapien beschrieben.“ So gibt es Möglichkeiten der konservativen, der medikamentösen bis hin zur operativen Therapie. „Welches für Sie die richtige ist, sollten Sie gemeinsam mit ihrem Arzt entscheiden, nachdem feststeht, welche Art von Inkontinenz bei Ihnen vorliegt“, erklärt Müller.
Harninkontinenz als Folge von anderen Krankheiten
Frau L. möchte es noch genauer wissen: „Konservative Behandlung hört sich für mich ganz gut an. Was gehört denn da dazu?“
Müller erklärt, dass dies von den Voruntersuchungen abhängt: „Je nachdem, was dabei rausgekommen ist, weiß der Arzt oder die Ärztin dann, wo anzusetzen ist.“ Denn es kann zum Beispiel sein, dass eine andere Erkrankung, die nicht gut behandelt ist, sich negativ auf die Inkontinenz von Frau L. auswirkt. „Dann ist der erste Schritt, die sogenannte Begleiterkrankung zu behandeln. Auch ein bestimmtes Verhalten bezüglich der Ernährung, Übergewicht oder Rauchen können sich negativ auswirken“, sagt Müller. Eine Änderung des Lebensstils könnte dann zu einer Verbesserung führen.
Auch Physikalische Therapien – wie etwa das Beckenbodentraining – gehören zur konservativen Behandlung.
„Meinen Sie, dass das bei mir ausreicht?“, fragt Frau L. die VdK-Patientenberaterin. Müller: „Das ist eine Frage, die Ihnen Ihre Ärztin bzw. Ihr Arzt beantworten kann. Wenn nach Ihrem Arztbesuch doch noch Fragen für Sie zu klären sind, dann können Sie uns jederzeit erneut kontaktieren.“
Frau L. ist dankbar über das klärende Gespräch und verabschiedet sich: „Das beruhigt mich jetzt doch sehr und ich bin froh, dass ich mit Ihnen über mein Problem gesprochen habe.“