Kategorie Gesundheit

Bandscheibenvorfall – was nun?

Von: B. Bühler

Herr U. ruft bei der VdK Patienten- und Wohnberatung an. „Ich bin 69 Jahre alt und habe schon längere Zeit hin und wieder Schmerzen im unteren Rücken.“ Die Schmerzen nehmen zu, die schmerzfreien Zeiten werden kürzer.  Beim MRT kommt der Verdacht auf einen Bandscheibenvorfall auf: „Sollte sich sein Verdacht bestätigen, würde ich wohl nicht um eine Operation herumkommen“, beschreibt Herr U. seinen Arztbesuch und frägt besorgt: „Eine Operation an der Wirbelsäule ist doch sicher nicht so einfach. Und eigentlich möchte ich mich nicht operieren lassen. Was soll ich tun?“

Älterer Mann beim Arzt mit Untersuchung des unteren Rückens bei Rückenschmerzen
© iStock.com/gilaxia

Kreuzschmerzen gehören in Deutschland zu den häufigsten Schmerzen überhaupt. Die Ursachen dafür können ganz unterschiedlich sein. Bei einem Bandscheibenvorfall, so wie Ihr Orthopäde das vermutet, tritt Bandscheibengewebe zwischen den Wirbelkörpern hervor. Dieses „vorgefallene“ Gewebe kann auf die Nerven im Bereich der Wirbelsäule drücken und sie reizen, was sich dann durch Schmerzen bemerkbar macht.

Bei den meisten Menschen sind Bandscheibenvorfälle die Folge von Verschleiß. Denn mit den Jahren nimmt die Elastizität der Bandscheiben ab. „Sie verlieren Flüssigkeit, werden spröde und rissig. Solche Veränderungen sind Teil des normalen Alterungsprozesses – der allerdings individuell verschieden verläuft“, so unsere VdK-Patientenberaterin Monika Müller.

Ein Bandscheibenvorfall kann sehr unangenehm und schmerzhaft sein. In den meisten Fällen lassen die Beschwerden aber innerhalb von sechs Wochen von selbst nach. Daher stellt der Bandscheibenvorfall an sich nicht zwangsweise eine gefährliche Ursache für die Rückenschmerzen dar. 

„Manchmal kommt es jedoch neben den Schmerzen auch zu Gefühlsstörungen im Gesäßbereich, zu Lähmungserscheinungen in den Beinen oder auch zu Störungen der Blasen- oder Darmfunktion. Und solche Symptome weisen dann meist auf ein ernsthaftes Problem, wie eine Nervenschädigung hin“, erläutert Monika Müller. Herr U. verneint daraufhin Probleme mit Blase und Darm, erwähnt aber manchmal ins Bein ausstrahlende Schmerzen. Dies ist aber nicht ungewöhnlich, denn Bandscheibenvorfälle im Bereich der Lendenwirbelsäule sind die Hauptursache für die sogenannten Ischiasschmerzen!

„Aber bisher waren meine Schmerzen im Rücken nach ein paar Tagen wieder verschwunden und jetzt habe ich sie bereits seit drei Wochen und zusätzlich dieses Ausstrahlen ins Bein“, beschreibt Herr U. seine aktuelle Lage. 

Schmerzhafter Bandscheibenvorfall kann sehr unterschiedlich verlaufen

Die Schmerzen können plötzlich einsetzen und rasch von selbst wieder verschwinden. Manche Menschen haben über längere Zeit dauerhaft Schmerzen und andere in Schüben. Selbst heftige Ischiasbeschwerden könnten mit der Zeit von allein wieder abklingen. „Wenn bei Ihnen die Beschwerden allerdings länger als sechs Wochen anhalten, ist es unwahrscheinlich, dass sie von allein wieder verschwinden“, gibt die VdK-Patientenberaterin zu bedenken. 

Da Herr U. sechs Wochen nicht abwarten will, rät Müller ihm, mit dem Arzt eine mögliche Therapie für den Akutzustand zu erörtern. Schließlich gehe es darum, eine schmerzlindernde Behandlung einzuleiten, um mit den Beschwerden zurechtkommen und möglichst aktiv bleiben zu können. 

Behandlung bei länger andauernde Schmerzen nach Bandscheibenvorfall

Wenn die Beschwerden länger andauern oder sogar chronisch werden, empfiehlt die medizinische Leitlinie eine sogenannte multimodale Behandlung. Das heißt, Fachleute aus verschiedenen therapeutischen Bereichen werden in die Behandlung involviert, beispielsweise aus Medizin, Physiotherapie und Psychologie. Alle zusammen sorgen dafür, dass man in Bewegung bleibt und mit den Schmerzen umzugehen lernt, vielleicht auch neue Verhaltensweisen erlernt, um die Lendenwirbelsäule weniger zu belasten.

Bettruhe bei Bandscheibenvorfall vermeiden

Herr U. verweist nun auf den Rat seiner Frau zur Krankengymnastik zu gehen, bleibt aber skeptisch: „Wäre es nicht besser, erst mal im Bett zu bleiben und so den Rücken zu schonen?“, frägt er. 

 „Ganz im Gegenteil,“ stellt Müller klar. „Bettruhe sollte vermieden werden, weil so die Muskulatur geschwächt und dann die Heilung eher ausgebremst als gefördert wird.“ Wärme in Verbindung mit schmerzreduzierenden Medikamenten könne aber die akuten Schmerzen lindern. Danach sei es wichtig, möglichst wieder normale Tätigkeiten aufzunehmen. Die Studien zeigen deutlich: „Je früher man wieder aktiv wird, desto eher wird der Rücken wieder gesund“. 

Herr U. schlussfolgert daraus, dass er nicht operiert werden muss. Dies sieht Monika Müller aber differenzierter, denn bei U‘s aktuellen Beschwerden empfiehlt die medizinische Leitlinie zunächst eine konservative Therapie – also die Schmerzen zu reduzieren und dadurch die Bewegung zu fördern. Schließlich müsse nicht jeder bestätigte Bandscheibenvorfall zwangsweise operiert werden.

Weitere Entwicklungen, wie Lähmungserscheinungen in den Beinen oder Störungen der Blasen- oder Darmfunktion, können jedoch eine Operation immer noch erforderlich machen. Herr U. sollte sich daher von seinem Arzt gut aufklären und die Vor- und Nachteile der OPkurz fürOperation genau erklären lassen. Insbesondere solle er fragen: „Was kann passieren, wenn ich mich gegen eine Operation entscheide?“ 

Zudem gibt die Patientenberaterin diesen Tipp: „Wenn Sie sich von Ihrem Arzt nicht gut aufgeklärt fühlen, können Sie bei einem anderen Facharzt eine Zweitmeinung einholen. Die Entscheidung ‚OP Ja oder Nein‘ müssen Sie jedoch am Ende selbst treffen“, so Müller abschließend und verweist noch auf die Entscheidungshilfe des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG), speziell in Sachen Bandscheiben-OPkurz fürOperation:

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