Veranstaltung zum Volkstrauertag am Ehrenmal in Oberkochen
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Ansprache des VdK-Ortsvorsitzenden am Ehrenmal
Sehr geehrte Anwesende,
wieder versammeln wir uns hier, um der Toten und Vermissten aus zwei Weltkriegen zu gedenken. Und wie auch schon in den drei Jahren zuvor müssen wir auch dieses Mal zahlreiche Opfer aus der Gegenwart in unsere Trauer miteinschließen.
Seit dem 24. Februar 2022 herrscht wieder Krieg auf unserem Kontinent. Mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine wurde unsere Hoffnung auf ein dauerhaft geeintes und friedliches Europa zerstört. Zusätzlich eskaliert seit 2023 der Nahostkonflikt und droht, sich immer bedrohlicher auszuweiten. Wir sehen, wie nur wenige Flugstunden von uns entfernt an verschiedenen Orten zeitgleich Flammen des Hasses auflodern, wie Städte in Trümmer gelegt werden, wie Menschen leiden, flüchten, hungern, sterben.
Die Geschichte des VdK ist eng mit den Schrecken des Krieges verknüpft. „Nie wieder!“ Das ist nicht nur der Blick in die Vergangenheit, um aus den Fehlern von damals zu lernen, sondern auch ein Ratschlag für die Zukunft. Der feste Wille und die Entschlossenheit, alles dafür zu tun, dass sich die Katastrophe des Zweiten Weltkriegs mit seinen 50 Millionen Toten nicht wiederholen möge, hat unseren Verband seit seinen Anfängen geprägt.
Und weil der VdK zunächst als Selbsthilfeorganisation von Kriegsopfern am 28. Januar 1950 gegründet wurde, besteht noch bis heute seine besondere Verbindung zum Volkstrauertag.
Dabei geht es nicht um verordnete Trauer, um ein im Laufe der Jahrzehnte verblasstes und leer gewordenes Ritual. Es geht darum, Verantwortung für die eigene Geschichte zu übernehmen, sich zu erinnern, statt zu vergessen oder zu verdrängen, es geht darum, sich mit Schmerz und Verlust auseinanderzusetzen.
Trauern ist wichtig. Ohne Trauer kein Mitgefühl. Tatsächlich gibt es wissenschaftliche Erkenntnisse, die besagen, dass Trauern uns stärker macht, dass wir daran wachsen und dass vor allem auch unsere Fähigkeit zur Empathie für andere Menschen zunimmt. Mitgefühl und Verständnis wir in dieser Zeit, wo der Ton in unserem Land härter und unversöhnlicher zu werden scheint, in denen sich die Gräben zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen vertiefen und das gegenseitige Misstrauen wächst.
Diese Entwicklung kann zur Gefahr werden. Ablehnung, Feindseligkeit und Hass sind nicht einfach da, sie werden gemacht. Es ist einfacher, Schuldige statt Lösungen zu suchen.
Aber damit kommen wir als Gesellschaft nicht weiter. Im Gegenteil – und das zeigt uns dieser Ort, an dem wir uns hier befinden: Kriegsgräber und Erinnerungstafeln sind die letzte und unumkehrbare Folge von Hass, Hetze und Gewalt. Insofern verstehen wir den Volkstrauertag auch als Appell, sich für Respekt, Toleranz und Menschenrechte einzusetzen.
1922 wurde zum ersten Mal ein Volkstrauertag in Deutschland abgehalten. Damals hielt der Abgeordnete Paul Löbe eine bewegende Rede im Reichstag. Auch Löbe betonte die Kraft der Trauer. Seine Worte haben bis heute nichts an ihrer Aktualität eingebüßt. Deshalb lassen Sie mich mit einem Zitat aus seiner Ansprache enden:
„Leiden zu lindern, Wunden zu heilen, Tote zu ehren, Verlorene zu beklagen, bedeutet Abkehr vom Hass, bedeutet Hinwendung zur Liebe.“ Und diese Liebe haben wir auch heute bitter nötig.
Zum Abschluss möchte ich allen danken, die an der Organisation dieser Veranstaltung mitgewirkt haben, sowie allen Gästen für ihr Kommen.
Franz Lergenmüller VdK OV Oberkochen

