Solidarität ist unverhandelbar
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Rund 300 Mitglieder des Sozialverbands VdK versammelten sich am 25. Oktober in der Stefan-Hartmann-Halle in Hirschau zur traditionellen Herbstversammlung. Auf dem Programm stand u.a. die Verabschiedung des bisherigen Kreisverbandsvorsitzenden Manfred Brüssel nach 16 Jahren ehrenamtlicher Arbeit und ein informativer und zugleich fesselnder Vortrag des VdK-Landesverbandsvorsitzenden Hans-Josef-Hotz auf der Tagesordnung. Der Shanty Chor der Marinekameradschaft Rottenburg sorgte für Unterhaltung und ein kleiner Imbiss rundete die Veranstaltung ab.
Klartext zur Sozialstaatsdebatte
Seit mehr als 75 Jahren tritt der VdK für eine gerechte Sozialpolitik, für soziale Gerechtigkeit und einen starken Sozialstaat ein. Mit zwischenzeitlich mehr als 2,3 Millionen Mitgliedern bundesweit und über 278.000 Mitgliedern in Baden-Württemberg hat er sich zwischenzeitlich zum größten Sozialverband in Deutschland entwickelt.
Dies ist für den Verband erfreulich, deutet aber auch daraufhin, dass die Menschen immer häufiger den Rat und die Hilfe eines Sozialverbands brauchen. Neben dem täglichen Einsatz der ehrenamtlich Tätigen beraten und vertreten 60 hauptamtliche Juristinnen und Juristen die Mitglieder vor den Sozialleistungsträgern und den Sozialgerichten.
Mehr als 72.000 sozialrechtliche Beratungsgespräche wurden im Jahr 2024 in den 34 Geschäftsstellen geführt, 16.000 Widerspruchs- und Klageverfahren vertreten und mehr als 18,8 Millionen Euro an Nachzahlungen für die Mitglieder in Baden-Württemberg im Jahr 2024 erstritten.
Viele Menschen, die ihr Leben lang hart gearbeitet haben und deren Rente trotzdem nicht zum Leben reicht, sorgen sich um ihre Zukunft. Menschen, die sich die Pflege nicht mehr leisten können. Auch die Hausarztsuche weitet sich immer mehr aus, ebenso wie die Suche nach einer bezahlbaren Wohnung.
Und während für weite Teile der Bevölkerung die Spielräume immer enger werden, findet gleichzeitig eine Konzentration von Reichtum auf wenige Großkonzerne und deren Aktionäre beziehungsweise deren Eigentümer und ihre superreichen Erben statt. Auch das empfinden immer mehr Bürgerinnen und Bürger als ungerecht!
Und vor all diesen Hintergründen wird die Gesellschaft merklich fragiler. Die gegenseitige Abgrenzung verschiedener Gesellschaftsgruppen wird härter und unversöhnlicher: Junge Generation gegen „Baby-Boomer“, Erwerbstätige gegen Rentner, Land gegen Stadt, Geimpfte gegen Ungeimpfte, Bezieher von Sozialleistungen gegen Niedriglöhner, „Menschen mit“ gegen „Menschen ohne“ Migrationsgeschichte oder Ost gegen West.
Der Sozialverband VdK muss den schwierigen Spagat schaffen, bei den jetzt politisch Verantwortlichen die dringend notwendigen sozialpolitischen Verbesserungen anzumahnen, auf bestehende Ungleichheiten, bestehende Ungerechtigkeiten und auf fehlende Teilhabe zum Teil ganzer sozialer Gruppen deutlich hinzuweisen.
Natürlich gibt es neben allen Ungerechtigkeiten auch unstreitig viel Positives in unserem Land! Wie zum Beispiel unsere vorbildlichen sozialen Sicherungssysteme. Sie sind das wesentlich Verbindende in unserer Gesellschaft, auf sie sind – mit nur ganz wenigen Ausnahmen – fast alle Menschen im Laufe ihres Lebens angewiesen.
Der VdK ist sicher: nur dann, wenn die Bürgerinnen und Bürger das Gefühl haben, es geht fair und gerecht zu in diesem Land, ist es möglich, den extremistischen Rändern erfolgreich zu begegnen. Soziale Gerechtigkeit und Solidarität ist dabei neben der Migrationsfrage der ganz entscheidende Punkt.
Der politische Auftrag an die jetzige Bundesregierung muss daher sein, dass neben der äußeren Sicherheit die Bürgerinnen und Bürger gegen die großen Lebensrisiken nachhaltig geschützt werden und die soziale Daseinsvorsorge zukunftsfest ausgebaut und wieder verlässlich stabilisiert wird. Daher ist Solidarität für den VdK unverhandelbar!
Solidarität ist die Grundidee unseres Sozialstaats, die Grundidee der Sozialversicherungssysteme: alle sind füreinander da, alle zahlen ein, damit jeder im Alter, bei Krankheit, Pflegebedürftigkeit, bei Erwerbsminderung aufgefangen wird.
Nur noch selten wird der Sozialstaat als ein wesentlicher und entscheidender Teil einer gelingenden und intakten Demokratie und einer florierenden Marktwirtschaft gesehen. Stattdessen werden nur noch die Kosten und die Ausgestaltung des Sozialstaats als das wesentlichste wirtschaftliche und politische Problem unserer Zeit dargestellt: Zu teuer, zu ineffektiv, zu viel Missbrauch.
Die Sozialausgaben steigen aus Sicht der jetzt politisch Verantwortlichen unkontrolliert und harte Einschnitte bei Sozialleistungen werden als einziger Weg gesehen, um die Investitionen in die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft zu ermöglichen.
Dabei schützt nur ein starker Sozialstaat vor Armut, nur ein starker Sozialstaat schafft gute Pflege, nur ein starker Sozialstaat sorgt für Gesundheit und Teilhabe Aller. Gerade in der Pflege-, Renten- und Gesundheitspolitik erfordern vielschichtige, ungelöste Probleme baldige vernünftige, solidarische und zukunftsfeste Lösungen.
So könnte z.B. in der gesetzlichen Krankenversicherung die zusätzliche Belastung der Beitragszahler vollständig vermieden werden, wenn der Bund endlich die Verantwortung für die Finanzierung der gesamtgesellschaftlichen Aufgaben übernimmt. Diese müssten aus Steuermitteln finanziert werden, von allen Bürgerinnen und Bürgern getragen werden und nicht nur von den Beitragszahlern in der Sozialversicherung!
Und auch die gesetzliche Pflegeversicherung ist tief in die roten Zahlen gesackt. Auch hier bedient sich der Bund seit vielen Jahren an den Beiträgen der Pflegeversicherung zur Finanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben. In der Corona-Krise hat sich der Bund rund 5,2 Milliarden Euro von der gesetzlichen Pflegeversicherung geliehen und dieses Geld bis auf den heutigen Tag nicht zurückgezahlt.
Der VdK Deutschland hat beschlossen, gegen diese Zweckentfremdung der Beitragsgelder der Versicherten und dem sich aus dem Grundgesetz abzuleitenden Gebot der Belastungsgleichheit - bis hin zum Bundessozialgericht - zu klagen.
So zeigt das Beispiel aus der gesetzlichen Krankenversicherung ebenso wie das Beispiel aus der gesetzlichen Pflegeversicherung, dass es höchste Zeit wäre, insgesamt in der Sozialversicherung die Bürgerversicherung einzuführen, in die alle Erwerbstätigen verpflichtend einzahlen, damit auch alle gemeinsam die gesamtgesellschaftlichen Aufgaben schultern.
Deshalb fordert der VdK ein einheitliches solidarisches Sozialversicherungssystem.


