Kategorie Gesundheitssystem

Als Selbstständige in der gesetzlichen Krankenkasse

Frau S. will sich als Architektin selbstständig machen. Sie ist aktuell in einem Büro angestellt und als Arbeitnehmerin gesetzlich krankenversichert. Ihre Kinder, neun und zwölf Jahre alt, sind beide bei ihr familienversichert. Da sie mit ihrer Krankenkasse zufrieden ist, möchte sie die Kasse nicht wechseln. „Wie ist das, wenn ich selbstständig werde? Bin ich dann weiterhin bei meiner Krankenkasse versichert?“ fragt sie bei der VdK Patientenberatung in Stuttgart nach.

Krankenkassenkarten und Gelscheine
© AdobeStock.com - Barbara Kraske

Freiwilliges Mitglied

„Sie können als hauptberuflich Selbstständige bei Ihrer bisherigen Krankenkasse versichert bleiben. Sie sind dann nicht mehr pflichtversichertes, sondern freiwilliges Mitglied“, informiert Zeljka Pintaric. Die VdK-Patientenberaterin weist die Architektin auch darauf hin, dass sie ihre Kinder dort weiterhin kostenfrei familienversichern kann. 

„Ändert sich etwas an den Leistungen der Krankenkasse?“, will Frau S. noch wissen. „Die Leistungen sind dieselben unabhängig vom Versichertenstatus. Sie bekommen dieselben Leistungen, wie als Arbeitnehmerin“, antwortet ihr Pintaric und verweist dabei auf den Unterschied beziehungsweise das Wahlrecht beim Krankengeld: „Selbstständige können wählen – entweder zahlen sie für den gesetzlichen Krankengeldanspruch etwas mehr Beitrag oder sie schließen einen Wahltarif für Krankengeld und zahlen eine zusätzliche Prämie. Möglich ist auch eine Krankentagegeld-Versicherung bei einer privaten Krankenkasse,“ erklärt die VdK-Patientenberaterin.

Beitragshöhe

Frau S. will auch noch wissen, wie sich ihr Beitrag bei der freiwilligen Mitgliedschaft berechnet. „Die Höhe des Beitrags richtet sich nach Ihren Einkünften. Diese entnimmt die Krankenkasse dem jeweiligen Einkommenssteuerbescheid“, klärt Beraterin Pintaric auf. 

Frau S. hakt nochmals nach: „Ich beginne meine selbstständige Tätigkeit ja erst. Ich weiß also nicht, wieviel ich in Zukunft tatsächlich verdiene. Wie werden die Beiträge in so einem Fall berechnet?“ Dazu Zeljka Pintaric: „Bei Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit werden die Beiträge auf der Grundlage der voraussichtlichen Einnahmen geschätzt und vorläufig festgesetzt. Für die endgültige Berechnung der Krankenkassenbeiträge müssen Sie Ihren Steuerbescheid für das betreffende Jahr nachreichen.“ 

Außerdem informiert die Beraterin über das fiktive Mindesteinkommen, das in Höhe von monatlich 1178,33 Euro im Jahr 2024 angenommen wird. 

„Der Beitrag verringert sich nicht, wenn das monatliche Arbeitseinkommen beispielsweise nur 800 Euro beträgt. Hauptberuflich Selbstständige zahlen in 2024 für Kranken- und Pflegeversicherung als Mindestbeitrag um die 225 Euro im Monat.“

Zeljka Pintaric, VdK-Patientenberaterin

Als beitragspflichtiges Einkommen werden alle Einkommensarten angerechnet, die dem Lebensunterhalt dienen – beispielsweise auch Einkünfte aus Vermietung oder Zinsen aus Kapitalvermögen. 

Frist für Steuerbescheid

„Gibt es denn eine Frist innerhalb der ich den Steuerbescheid einreichen muss?“, will Frau S. des Weiteren wissen. „Sie müssen den Steuerbescheid innerhalb von drei Jahren nach Ablauf des betreffenden Kalenderjahres vorlegen. Am 16. Dezember 2023 ist aber eine wichtige Neuregelung in Kraft getreten. Die Gesetzesänderung verlängert die Frist, innerhalb derer Selbstständige ihren Steuerbescheid bei der Krankenkasse nachreichen können“, informiert Pintaric zu diesem Punkt. 

Wichtige Neuregelung

Bisher konnte die Krankenkasse nach Ablauf der Drei-Jahres-Frist den monatlichen Höchstbetrag von aktuell um die 1000 Euro für Kranken- und Pflegeversicherung festsetzen – unabhängig davon, ob ein Einkommensteuerbescheid für das betreffende Jahr vorlag. 

Nach der neuen Regelung darf die Kasse für zwölf Monate keinen Höchstbeitrag verlangen, wenn Selbstständige nachweisen, dass noch kein Steuerbescheid für das betreffende Jahr erlassen wurde. Es sind dann die bisherigen Beiträge weiter zu zahlen. 

Hat die Krankenkasse bereits den Höchstbeitrag festgesetzt, muss sie die Versicherten darüber informieren. Diese haben dann zwölf Monate Zeit, eine Neufestsetzung des monatlichen Kassenbeitrages zu beantragen. Entscheidend für die Fristwahrung ist nunmehr der Antrag auf Neufestsetzung und nicht mehr der Nachweis der geringeren Einnahmen. 

Gut zu wissen

Die Gesetzesänderung gilt gemäß Paragraf 423 Fünftes Sozialgesetzbuch (SGBkurz fürSozialgesetzbuch V) rückwirkend. „Selbstständige – ebenso Versicherte mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung – sollten daher aktiv werden und einen Antrag auf Überprüfung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für Zeiträume ab dem 1. Januar 2018 stellen, wenn aufgrund fehlender Steuerbescheide der Höchstbeitrag festgesetzt wurde“, so der Tipp der VdK-Patientenberaterin

Bei Vorlage des betreffenden Steuerbescheides bis zum Ablauf des 16. Dezember 2024 kann rückwirkend Geld zurückgefordert werden.“ 

Falls ein Einkommensteuerbescheid für ein Kalenderjahr bis zum Ablauf des 16. Dezember 2023 noch nicht erlassen wurde, könne der Einkommensteuerbescheid innerhalb von zwölf Monaten nach dessen Bekanntgabe nachgereicht werden, so Pintaric abschließend.